DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD


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Halb patscherte halb teuflische Antibürger

eine Erinnerung an die 1960er Jahre

Konrad BayerDer österreichische Literaturbetrieb ist schon bei Torberg und Weigel, bei Haeussermann und Wolfgang Kraus arg verwickelt, doch bei exzessiv lebenden und mäßig einflussreichen Autoren mit kurzer Lebensdauer scheint er undurchschaubar. Beispiel Konrad Bayer, der wilde Wunderknabe der Wiener Gruppe, der seine quasi-surreale Sprache nicht nur für Sprachkritik, sondern auch für die verschlüsselte Darstellung einer bestimmten Künstlerszene entwickelt hat.

„Dämonkratie“ nannte später der Collagen-Künstler Padhi Frieberger die wilden Neudichter und Neumaler der 1960 er Jahre, als er sich an eine höchst persönliche Erfahrung erinnerte. Er malte, dichtete, zerstückte und klebte aneinander und sein exzentrischer Freund Bayer, ein abgesprungener Bankangestellter mit gutem Aussehen und versteckter Aggressivität, dem immer wieder das Geld ausging, entwarf einen Plan, der in der ganzen Künstlerszene die Runde machte. Padhi, damals in Schloss Hagenberg residierend, ganz in den Himmel loben (was ohne seriöse Medien nicht zu machen ist!), eine Weile als Star behandeln und am Ende als letzten Dreck entlarven… das war der Plan. Dieser mephistophelische Plan, über den heute nur noch die wenigsten was wissen, war um 1968 eine bekannte, kolportierte Geschichte, eine Legende fast, wenn man die Unheiligkeit der Protagonisten übersieht. Frieberger lebte (und lebt) noch (Das Geld ist nun wirklich eine Seelenstütze!), wohingegen Bayer knapp vor dem Auslaufen seiner Verlagsstipendiums, von Hagenberg nach Wien zurückgekehrt, das Küchenfenster Wolfgang Bauergeschlossen, den Gashahn aufgedreht und den Kopf in den Gasherd hinein gebettet hatte.
1968 kam aus Graz der Jungdramatiker Wolfgang Bauer, der eigentlich mit „Magic Afternoon“ schon alles gesagt hatte, und schnappte in Wien diese völlig unbürgerliche Story auf. Er machte flugs das Stück „Change“ daraus, in dem der Maler Blasius Okopenko in den Selbstmord getrieben werden soll. Es kam im Theater im Rabenhof zur Uraufführung und erfreute Publikum und Kritik wegen seiner spürbaren Zeitgeistigkeit.

Viele Jahre später ging Padhi Frieberger mit dieser Geschichte an die Öffentlichkeit. Er tat es wohl angesichts der allgemeinen Aufwertung der einst verfolgten Anarcho Grüpplein und unter dem Eindruck des Parteiruhmes ehemaliger Aktionskünstler, deren erklärter Antihumanismus stets das Ehrlichste an ihnen war.

Martin Luksan

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