DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Weltlage von Anthropozän bis Zölle

Für die Lage der Menschheit hatten die Naturforscher schon 1945 nach einem Wort für ein neues Erdzeitalter gesucht. Sie wollten ursprünglich den Technik – Einfluss des Menschen auf den Planeten Erde hervorheben. Ist ihnen in den 1980 er Jahren gelungen. Anthropozän. Der Ursprung des Gedankens war hier weniger eine Tatsache als eine Idee. Der Zweite Weltkrieg war eine Orgie der Zerstörung gewesen, danach verbreiteten die Atombomben – Abwürfe Angst und Schrecken. In New Mexico testete die Siegernation Nummer Eins die Bombe weiter. Zugleich mit diesen Tests wurde die Radioaktivität, aber auch das Methan und das CO 2 in der Luft, sowie die Säure im Wasser gemessen. Dennoch fand man den Namen für das neue Zeitalter erst in den 1980 er Jahren. Er will eigentlich nur sagen, dass der Mensch ein Faktor des Wetters und der Geologie geworden war und das stabile Wetter hinter sich gelassen hatte.

Im Bereich von Wissenschaft und Technik griff nach dem Weltkrieg die Digitalität um sich. Die Geschichte der Bits und Bytes ist ein wenig mythisch mit den Garagen der Erfinder im Silicon Valley verknüpft. Die Genies der neuen Berechnung und der neuen Werkstoffe sollen in der Ebene südlich von San Francisco schon in den 1930 er Jahren gewerkt haben. Fleißig wie Bienen und arm wie Kirchenmäuse. Wenn´ s wahr ist. Nach dem Krieg traten dann die „Kybernetik“ in der akademischen Welt, die Halbleitergeräte in den bürgerlichen Haushalten und die Riesencomputer der Waffenhersteller machtvoll auf den Plan. Der erste große, technologische Schub brachte die Speicherung, Bearbeitung und Übermittlung von Daten - nicht in Europa - vor allem in den USA – und führte bis zum Personalcomputer in den 1970 er Jahren.

Nicht nur der Computer auch das weltweite Netz wurden nicht primär in Europa, sondern in den USA, aber auch in China und in Russland voran getrieben. Vor allem Deutschland und Österreich waren technologisch lange Zeit nicht up to date. In Mitteleuropa herrschte die Kritik der Technik oder die Technikfolgen – Abschätzung, in Verbindung mit der Philosophie. Die Technik – Kritiker, die in der Öffentlichkeit angesehen waren, verbanden den Natur – Ersatz der Technik mit der Entsinnlichung des Menschen, und zwar mit der Schwächung aller seiner Sinne. Das war ein Vorurteil der Kulturwissenschaftler, an dem Presse und Rundfunk eine Zeitlang fest hielten. Die Technik – Kritik ist auf breiter Linie verstummt (Professor Han und G. Seeßlen als Ausnahmen), obwohl man diese Stimme in Verbindung mit Kapitalismus - Kritik weiterhin brauchen könnte.

Die Technik – Kritik, die halb Pessimismus halb Aufklärung gewesen war, wird heute von der Esoterik geübt, die zum Beispiel die Abstraktion und die Linearität des Buchdrucks beklagt. In Wahrheit war der Einzelne, der die Bibel selber las, keineswegs unsinnlicher im Kopf, als der, der alles aus der Predigt erhielt. Er war nur geistig aktiver als der, der nicht las. Für Dampfmaschine, Glühbirne und Auto gilt das Gleiche wie für den Buchdruck. Die Fähigkeit zur Abstraktion löschte das Konkret – Anschauliche im Denken nicht, die Menschen wurden nur im Kopf erweitert und lebten schneller und bequemer als je zuvor.

Das gilt im Grunde auch für die Digitechnik, die für den Einzelnen keinen Angriff auf seine konkret – anschauliche Vorstellung bedeutet. Das Digitale wirft sich aber – und das ist neu bei einem Technik - Schub – höchst praktisch, über die Märkte, als Ersatz des analogen Prinzips auf. Digitale Transformation - unter diesem Schlagwort wird die ungesunde Anmassung versteckt. Die Analogtechnik soll selbst dort ausgeschaltet werden, wo sie gut funktioniert. ZB. Musik durfte nur noch über CD gehört werden. Gefilmt werden durfte nur noch über ein Gerät mit Chip. Die Digitalgeräte dringen destruktiv in schon bestehende Märkte ein und werden von der Politik teilweise gefördert. Es gibt hier keinen Schiedsrichter, der sagt: Das Analoge ist hier besser am Platz als das Digitale! Oder umgekehrt. - Den Unfug der rasenden Verbreitung maskiert das Digi – Business durch das Wort „Disruption“ und große Banken auf der ganzen Welt fügen „innovativ“ hinzu. Durch innovative Disruption verleiten sie jetzt zum Kauf von Fonds - Papieren betreffend die Digitalisierung der Welt.

Die jüngste Generation ist heute die, die mit dem Smartphone aufwuchs. Sie ist mit 2010 datiert und wird als totale Digi – Generation begriffen. Generation Alpha. Die Kabarettisten bewitzeln hier ein Vorschulkind, das lieber Computer – Games spielt als Mensch – Ärgere – Dich – Nicht mit Hilfe eines Würfels. Die Eltern dienen den Kleinen früh als Vorbild, denn sie gehen mit Blick aufs Smartphone durchs Leben. Angeblich ist Alpha sprachlich nicht talentiert. Auf jeden Fall beherrschen diese Kinder das Multitasking der Eltern nicht, wohingegen sie schon gelernt haben, Langeweile zu vermeiden. Sie verpflichten sich quasi zur Virtualität und die Eltern verpflichten sich, das reale Leben von den Kindern fern zu halten. Man stellte den Rückzug der Alpha – Kinder in den Schoß ihrer Familien fest. Die Jugendforscher können aber nicht sagen, ob Alpha dereinst „tüchtig“ sein wird, weil die Ältesten erst fünfzehn Jahre alt sind.

Digikultur
Digi-Kultur verlangt Aufmerksamkeit.

Auch das Internet, das die digitalen Rechner auf der ganzen Welt verbindet, hat Europa spät erreicht. Interessant ist der Nutzungswechsel dieses Network. Zuerst sollte ein Zentralcomputer in den USA durch einen einzigen – russischen – Atomschlag nicht vernichtet werden. Deshalb wurden die wertvollen Daten auf möglichst viele Rechner verteilt. Diese Dezentralität wurde eines Tages auf den friedlichen Alltag bezogen. Die Möglichkeit des ungehinderten Austausches der Datenmengen von einem unabhängigen Rechner zum andern war somit geschaffen. Die kriegerische Nutzung des Internet trat hinter die friedliche zurück. (Siehe den Konnex von Krieg und Frieden auch bei Boeing, Airbus und Lockheed, wo sich die kriegerische Produktion von Superwaffen hinter der Herstellung von Zivilluftfahrzeugen verbirgt.) In der Zeit der Freenets hatten in Europa nur England und das eine oder andere nordeuropäische Land ein Netzwerk für den digitalen Austausch. Sie warteten - wie das übrige Europa - auf die Einführung des World Wide Web Anfang der 1990 er Jahre.

Die Digitaltechnik wurde in Europa langsamer verbreitet als in den USA. Dafür kann man ferne Produktionsstätten und träge Märkte verantwortlich machen. Mit voller Absicht jedoch und aufgrund von Beschlüssen wurden Echolon und NSA, das Spionagenetzwerk der angelsächsischen Länder, an Europa vorbei geführt. Das heißt, Amerika schenkte den Verursachern zweier Weltkriege auch als Verbündeten nicht das vollständige Vertrauen. Nur England ist Mitglied der NSA, die nun jedes Telefonat abhört und kontrolliert, das von Europa aus per Satellit, auch per Internet geschieht. ZB. Deutschland wusste von dieser Überwachung wenig. Das verriet die verblüffte Reaktion der deutschen Kanzlerin nach Entdeckung ihres manipulierten Handys: So etwas geht unter guten Freunden nicht!

Am Lockersten wurde die Entwicklung der Digitaltechnik im Bereich der Kommunikationswege betrieben. Das Wort „Freiheit“ rechtfertigt hier alles. Rundfunk und Printmedien, die alten Massenmedien, kontrollieren den Auftritt eines Individuums in der großen Öffentlichkeit nicht ohne Strenge. Anders das Internet als neues Medium, das die Präsenz des oder der Einzelnen nicht über Sende – Reichweite oder Auflagen – Höhe misst, sondern über Klicks. Die Zahl ist hier Gott. Im Unterschied zum Fernsehen und zur Zeitung wird nicht nur die Form der Repräsentation ignoriert, es werden auch arge Themen und arge Meinungen in die Öffentlichkeit hinein gebracht. Im Internet kann ein Einzelner ohne die Kontrolle eines Redakteurs seinem Thema, seiner Meinung, seiner Falschmeldung eine Öffentlichkeit geben. Bei der Installierung des www hat man nicht bedacht, dass sich gerade politisch extreme und religiös fundamentalistische Gruppen im Netz tummeln werden, eben weil sie die andere Öffentlichkeit nicht haben. Unter dem Vorwand der Meinungsfreiheit attackieren sie jetzt das Gefüge der politischen Parteien in den westlichen Demokratien. Es war diese undefinierte und unbegrenzte Meinungsfreiheit, die Größen des Digi – Business (M. Zuckerberg, E. Musk etc.) zu Donald Trump hingeführt hat.

Aus den Foren des Internet heraus wird in die Öffentlichkeit der alten Massenmedien hinein agiert. Die Politisch – Extremen erhalten dadurch eine Chance. Sie beeinflussen durch Hetzreden, Hassmeinungen und Falschmeldungen das Wahlverhalten bildungsferner Schichten. Ihre zentrale Logik ist dabei die Einförmigkeit der Welt. Alle Massenmedien sind gekauft. Alle Reichen kaufen sich Massenmedien und geben darin ihre Interessen als die der Bevölkerung aus. Alle Regierungen arbeiten für die Reichen, obwohl sie von der Bevölkerung gewählt wurden. Und alle gegnerischen Parteien haben das gleiche Programm. - Theoretisch müsste diese Darstellung erfolglos bleiben, doch das Gegenteil trifft zu. Die einförmige Darstellung hat die Kraft, die diskursive Demokratie praktisch in Frage zu stellen. Statt der auf Argumentation, Diskussion und Wahrheitsfindung basierenden Demokratie soll es am Ende Autoritarismus geben.

Die westlichen Demokratien bieten heute das größte Wohlleben, die größte Transparenz und die größte Humanität, die es je gab. Dennoch wachsen, wie aus einem inneren Erbgut heraus, Faschismus und Rassismus in der jungen Generation nach. Hier kehren nicht alte Geister wieder, sondern sind neue Geister unter neuen Umständen entstanden. Sie werden heute nicht mehr durch äußere Not bewirkt, sondern durch Langeweile, Ekel und Frustration (aus zu großen Ansprüchen). Trotzdem steht der langfristige Trend den Nachdenkenden klar und unübersehbar vor Augen. One World. Diese Entwicklung, die zugleich der Megatrend ist, führt nicht zum Kampf der Nationen und zum Triumph einer Siegernation, sondern zur Löschung aller Nationen in der Einen Welt. Diese Eine Welt, die die Erste, die Zweite und die Dritte überwindet (und insofern keine nahe Zukunft ist) wird die eingeebneten, heutigen Unterschiede durch völlig neue Unterschiede ersetzen. One World ist auch als Chiffre der Neuen Rechten bekannt. Doch eine echte Einheit kann über eine Vielfalt auch milde herrschen.

Es wächst die Welt global zusammen und kein Diktator und kein Anarchokapitalist werden das verhindern. Die täglichen Hiobsmeldungen und der „Tägliche Donald“ in den großen Medien beschäftigen die Menschen auf ungute Weise. Sie hören auf, sich Zeiträume vorzustellen und Gedanken für Zeiträume zu fassen. Sie denken zB. nicht, dass die Globalisierung schon um 1500 mit der europäischen Seefahrt begann, oder dass die Industrialisierung nicht durch Anarcho – Kapitalisten eingeführt wurde, sondern durch Merkantilisten, und dass der Freihandel speziell eine Idee der Engländer war, die vorher weltweit die ärgsten Protektionisten waren. So vieles von heute war schon früher da, verdichtete sich und wurde wieder schwächer. Die USA, die nach dem Zweiten Weltkrieg weltweit die größten Mitgliedsbeitrags – Zahler wurden, probieren heute wieder den Protektionismus (den sie schon unter Präsident Hoover probiert haben). Sie wollen sich ohne Not und aus dem Stand heraus durch Zölle einen Vorteil gegenüber anderen Ländern verschaffen. Der internationale Handelsverkehr funktionierte freilich schon bei Hoover, als die Beziehungen einfacher waren, nicht so, wie dieser dachte. - Die Sorge um die Lage der Welt sollte sich nicht auf eine verrückte Handelspolitik konzentrieren, sondern auf etwas, das man derzeit nicht sieht (und auch nicht spürt, wie das veränderte Wetter). Ein Teil der Superreichen und ein Teil der Konzerne kaufen derzeit die Ressourcen des Planeten, die sie dann besitzen werden. Das könnte der Einen Welt noch schaden.

(All das könnten Große Medien selber sagen. Sie müssten nur ihre Spaß - Rhetorik weglassen. Obige Worte beruhen nur auf verstreuten Beobachtungen und auf verstreuten Gedanken. Jedes einzelne Wort ist dem gestandenen Journalisten bekannt. M. Luksan sagt nichts Neues. Er identifiziert jedoch das Verstreute, ordnet es und denkt es zu Ende.)

© M.Luksan, Mai 2025

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