Das neue Virus begann im Dezember 2019 in Wuhan und wurde dort
von den chinesischen Behörden extrem drastisch eingedämmt. Das
Gros der elf Millionen Einwohner von Wuhan wurde im April und
im Mai 2020 auf den Erreger Covid 19 getestet. Gleichzeitig war
die Stadt von der Umwelt hermetisch abgeriegelt. Jeder Bürger der
Stadt, der Wuhan verließ, musste negativ getestet worden sein,
er fuhr zum Ort seiner Wahl und wurde dort - trotz des negativen
Tests – vierzehn Tage in Quarantäne gehalten.
Diese Maßnahmen aus einer Diktatur mit einem Sozialkonto-Punkte-System gefielen zB. dem deutschen Gesundheits- minister
Jens Spahn über allen Maßen. Auch in Frankreich, in Österreich
und in Benelux hatte man die Einschränkungen in China modellhaft
vor Augen, als man Eingriffe nicht nur in Bürger- auch in Menschenrechte
festlegte. Das gesundheitliche Wohl der Bevölkerung stand
dabei im Vordergrund der Diskussion, während andererseits
die Hauptbefürchtung aller politischer Eliten, ein schlechtes
Krisenmanagement könnte ihnen nachhaltig schaden, gar nicht
erwähnt wurde. Über das Schicksal von Regierungen hinaus
standen die Autorität und die Glaubwürdigkeit des Staates auf
dem Spiel.
Im Februar und im April dieses Jahres warfen die USA und
China einander gegenseitig vor, das Virus als Biowaffe zur
Schwächung der Wirtschaft des anderen eingesetzt zu haben.
D. Trump faselte von chinesischen Labors und die chinesische
Propaganda versuchte, amerikanische Soldaten für die
Einschleppung des Virus in China verantwortlich zu machen.
Unabhängig davon reagierten beide Staaten im Prinzip
gleich. Sie schränkten ihr Wirtschaftsleben rigoros ein,
als ob sich der Wert eines Menschenlebens plötzlich turmhoch
über die Werte der Wirtschaft erhoben hätte.
Die Pandemie ist gewiss beachtlich und hat sich in China,
Russland, Indien, Iran, Türkei, Brasilien, Mexiko und USA dicht
ausgebreitet. Der am dichtesten betroffene Kontinent ist
jedoch Europa. Italien, Spanien, Frankreich, England und
Benelux haben die größten Opferzahlen. Das heißt mit anderen
Worten, dass ausgerechnet westliche Demokratien
gezwungen sind, größere Opfer bei ihren Risikogruppen
sowie den drohenden Crash ihres Spitalswesens
zu verhindern. Vielleicht erklärt sich so das betuliche
Einreden der Politiker auf die Bevölkerungen, als wären
diese unmündig geworden, und das märchenhafte Reden
dieser Leute von Gutmachungsgeldern, die nirgendwo
vorhanden sind, erst gedruckt werden müssten, um dann
in der Art von Griechenland rückbezahlt zu werden, durch den akuten Zwang.
Die „Fantasillionen“, die angeblich überall bereitgestellt
werden, um die Wirtschaft für ihren teuren Ausfall zu
entschädigen, enthalten eine doppelte Nachricht. Erstens, wir
entschädigen jeden, egal wie hoch der Schaden ist, und
zweitens, wir haben momentan eine globale Gesundheitsdiktatur,
die über das globale Wirtschaftssystem gebietet, das aber
irgendwann wieder an erster Stelle stehen wird. Die Verheißung
ist ohne Strategie, d.h. es gibt keine näheren Angaben
dazu, wie man die Corona – Gutmachungen konkret
bezahlen will. Es sprechen nur die Politiker – und die Virologen.
Apropos Gutmachung. In Österreich meldete sich der Direktor
der Staatsoper, ein Ex-Geschäftsführer einer großen Partei,
und der Direktor des Theaters in der Josefstadt zu Wort
(um nur diese drei zu nennen), um vor dem drohenden
Untergang von Kunst und Kultur zu warnen. Dieser sei
unaufhaltsam, wenn nicht riesige Beträge im Nachhinein
für entgangene Geschäfte bezahlt würden. In der Tat
leiden Freiberufler in Kunst und Kultur ärger (und stiller)
als angestellte Kreative. Dennoch fällt es ungut auf, dass
hier nur die Mentoren (!) der armen Freiberufler
sprechen, nicht aber die betroffenen Armen selber.
Man spricht – in Österreich – immer für die, denen man
selber keine Stimmer erlaubt.
In Österreich, aber auch in anderen, europäischen Demokratien
geht man weiter als in China, das kollaterale Schäden nicht fürchtet.
Hier werden nicht nur Kredite geboten und Steuerabgaben
gesenkt (in China werden Einkaufs - Gutscheine ausgegeben),
es werden auch pauschalierte Prämien bezahlt. Für diese sind
jedoch Bedingungen zu beachten, die nach Meinung von Fachleuten,
und auch von Betroffenen, von den meisten EPU‘s nicht
erfüllt werden können. Trifft das wirklich zu, werden nur
große Firmen diese Gutmachungen genießen, die eine
Buchhaltung und eine Rechtsabteilung beschäftigen und
die Rute mit dem Arbeitsplatz dem Staat ins Fenster stellen
können.
Ein Kulturfunktionär der österreichischen Autorinnen und
Autoren hat sogar den Wunsch geäußert, die Länder und
der Bund sollten auf die Rückforderung von Subvention
verzichten. Sein Verlangen setzt voraus, dass ein durch
Subvention bereits halb bezahlter Auftrag nicht mehr
zu Ende geführt werden muss. Gleichsam: Corona
hat´ s verhindert. Eine solche Situation ist vielleicht bei
einem kleinen Theater verständlich, aber überhaupt nicht
bei einem einsamen Autor. Was hat er gemacht, als er wegen
Corona zu Hause blieb?
Der Gutmachungs-Furor, den die Politik durch zu große
Einschränkungen verursacht hat, wird von Kunst und Kultur kräftig
angefacht. Die große Wirtschaft steht viel größer dahinter,
verhandelt aber diskret. Jene Künstler, die man die
„akkreditierten“ nennen könnte, weil bei ihnen die Subventionen
auch vor Corona flossen, verlangen jetzt lauter nach
Subvention. Vielleicht haben sie sogar Recht, aber sie sind
nicht die Kleine Wirtschaft, der Bereich, den man in jedem
Fall braucht. Diese aber, die Friseure, Schuster, Bäcker,
Schneider, Gastwirte, Händler etc. werden vielleicht trotz
Prämie nicht mehr auf die Beine kommen. Dann wird der
Sozialstaat nicht verkleinert, sondern vergrößert werden,
weil man diese Personen in frühe Pensionen oder in
eine Grundsicherung schicken wird. Das Reich der
Wirtschaftlich Schwachen (früher faselte man von „Sozial
Schwachen“) wird erheblich vergrößert sein und seine Untertanen
werden strenger an der Kandare des Staates hängen als
die Gestützten Armen früher. Der Staat wird zwar die
Wirtschaft immer noch nicht regulieren, aber er wird in den
Unterschichten der Gesellschaften (den Zweidrittel – Gesellschaften)
den Disziplinierungsdruck steigern. Er wird dem Einzelnen
die Stütze schon bei geringfügigem Fehlverhalten der
unterschiedlichsten Art entziehen. Das Schreckensbeispiel
für diese Entwicklung ist China.
© M.Luksan, Mai 2020
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