DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Ein Recht auf den Kopf des Anderen?

Die an sich wichtigen österreichischen Freidenker verspotten noch immer gern die Religionsinhalte. Eine Rekapitulation. Die religiöse Vorstellung ist für Freidenker noch immer ein großer Aufreger. Dabei gibt es für sie Wichtigeres zu tun (und sie tun es teilweise), als die Absonderlichkeiten der Glaubensinhalte zu kommentieren. Doch es ist halt so schön, über haarsträubende Naivität und kindliche Geistigkeit einen langen Text zu verfassen oder ein Kabarett aufzuführen.

Zitat aus der hochglänzenden „Freidenker“ – Zeitschrift: Den Pastafarians wurde eine Verspottung der Religion und des Staates vorgeworfen (2/14, S. 6) Wie soll man diese Spaßreligion anders als einen gegen Religionen gerichteten Gag begreifen? Das Kultusamt tat sich mit der Ablehnung dieses Vereins als „Glaubensgemeinschaft“ besonders leicht. Weil nämlich die Pastafarians per se anzeigen, dass sie ihre eigene Religion nicht ernst nehmen. Über diesen Unterschied hätte man nachdenken können. Stattdessen das weite Feld des Spaßes: Die diesbezügliche Diskriminierung der Spaghettigläubigen… stellt daher… einen klaren Fall von Spaghettophobie dar.(2/14. S. 6) Es ist als ob ein kabarettistischer Einfall breit getreten werden müsste, etwa als Humor-Gipfel in einem „Open Mind Summit“. Er (der Chefredakteur, Anm. M.L.) sprach wieder über die Anhänger der Koboldreligion und das Beleidigen religiöser Gefühle durch die sogenannte Koboldophobie. (1/14, S. 12) Das Bewitzeln von Religionsinhalten steht in der Mitte der Auslage, es ist mit „Atheisten Service“ übertitelt.
Die Verachtung zB. der Jungfräulichkeit Marias oder der Dreifaltigkeit beinhaltet bekanntlich nicht die Verachtung eines tief religiösen Katholiken. Sie erfasst den ganzen Menschen erst dann, wenn er sich selbst oder anderen durch die Befolgung dieser Glaubensinhalte einen Schaden zufügt. Darum sollte man die Absonderlichkeiten religiöser Inhalte möglichst im Konnex von Schadensfällen erörtern. Vorher ist auch für einen Freidenker nicht zu erkennen, ob nicht die religiösen Vorstellungen dem religiösen Menschen für sein Leben einen Vorteil bieten, der nicht aus der Akzeptanz seiner Religion stammt.
Zitat: Gegen einen kompetenten Atheisten ist auch ein gut geschulter Theologe argumentativ machtlos. (1/14, S. 39) Das ist nicht gewiss. Da man bei öffentlichen Diskussionen nicht diesen Eindruck hat, ist damit vielleicht an Karlheinz Deschner (in seiner aktiven Zeit) oder an das eine oder andere Mitglied im HVD gedacht. Wenn ein Pastafaria – Mann mit einem Dompfarrer streitet, so zeigt er einen Nachrichtenmangel zu seinen Ungunsten. Wenn ein SP – Funktionär der Wiener Bildung gegen einen katholischen Dekan antritt, so sieht das aus, wie wenn ein Analphabet mit einem Professor diskutiert. Ein Atheist… hat ein wissenschaftliches Fundament und kann daher bei entsprechender Begriffsverdrehung als´fundamentalistisch´ bezeichnet werden (1/14, S. 39). In diesem Fall hätte es der Tapfere mit einem echten Dümmling zu tun, der philosophische Axiome für Atheismus mit der Anwendung von Religion auf Politik verwechselt. Man wünscht ihm bessere Gegner.

Cover von Freidenker
"Freidenker" 1/2014 (Teil des Covers)

Erfreulicherweise haben die Freidenker die Spiritualität entdeckt. Der Atheist verneigt sich… vor dem Rätselhaften aller Existenz. Er erkennt die Grenzen seines Wissens… unser Nichtwissen vermehrt sich mit dem Wissen um ein Vielfaches, sodass die Rätsel immer größer werden. (1/14, S. 33) Ist aber voll und ganz bewusst, dass das Spirituelle als das Geistige, das Wirklichkeit hat, weil es wirkt, neben dem Leben, das das größte Rätsel birgt, einen zweiten Kreis bildet, den des Spirituellen, den die Pflanze und das Tier nicht, aber der Mensch gut gebrauchen kann (Das Spirituelle gehört zum Menschen wie seine Nase, Wort im Vorwort des „Freidenkers“ 2013), der Vorhof des Religiösen ist? Wenn Ja, so muss der Freidenker den religiösen Menschen nicht verachten, weil er ja selbst in die Sphäre des Unerklärlichen eingetreten ist, in der er im Unterschied zum Religiösen schweigt und nicht zu fantasieren anfängt.

Auf der einen Seite sind die Freidenker davon überzeugt: Die Religion schmilzt aus der Gesellschaft hinaus. (2/14, S. 58) Auf der anderen Seite zeigen sie Null Geduld und wollen die gedankliche Überlegenheit, die sie an sich schon haben, praktisch angewendet sehen. Christopher Hitchens ist von den Religiösen bedrängt worden, ob er nicht angesichts des Todes doch noch beichtet. Er hat gelacht und eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass, sollte es soweit kommen, er nicht mehr Herr seiner selbst ist. Die Versuchung ist groß… umgekehrt das gleiche zu tun und nur Leute im Angesicht des Todes in die Magnetresonanz zu schieben, die das wissenschaftliche Denken nicht verleugnen. (4/13, S. 2) Wie ist das gemeint? Sollen die gedanklich Schwächeren, die Religiösen, weil sie dazu fähig sind, einen Sterbenden zu belästigen, durch Vorenthaltung der Medizintechnik bestraft werden? Die eifervolle Unruhe legt nahe, dass das Recht auf die Gedanken im Kopf des Anderen auch unter Freidenkern noch angemaßt wird, ein wenig wie in alten Zeiten.

Zitate aus:
Freidenker – Organ des Freidenkerbundes Österreichs – Verein für wissenschaftliche Weltanschauung, Jg. 2013, 2014 , ISSN: 1995-295X

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