DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
  STARTSEITE

.
Trennschärfe nur bei den Spaßmachern

Die Politik in Österreich ist möglicherweise nicht korrupter als in Deutschland, die Industrie ist nicht harmloser als in den USA, die Beamten sind nicht dünkelhafter als in der Schweiz, die Künstler nicht stiller als in Frankreich. Und doch ist das Bewusstsein der Verhältnisse, wie sie sind, in den seriösen Medien, auf den Universitäten, in der ernsthaften Publizistik des Landes Österreich eingenebelt. Man schreibt und spricht nicht öffentlich von den tiefsten Konflikten, das könnte Österreich gefährden. So war und ist das Wissen, was beim AKH, bei Lucona, bei Noricum, beim Eurofighter, bei der BUWOG usw. wirklich gespielt wurde, bei einer Handvoll Medienmenschen jeweils da, aber es dringt nicht sofort in die demokratische Öffentlichkeit ein, es wird erst Jahre später als – gleichsam überwundene – Zeitgeschichte präsentiert. Das Land scheint sich zwanghaft an 1933 und 34 zu erinnern, zumindest wird ständig das Vorurteil aktiviert, eine vollständige Beschreibung der wirkenden Mächte könnte das kleine Österreich zerreißen.

Das Wissen über die tatsächlichen Zustände in der österreichischen Gesellschaft läuft kapillarartig umher, es wird intim, aber nicht durch große Medien mitgeteilt, - und es bleibt ahnungsvollen Künstlern nicht verborgen. Künstler greifen dieses Wissen über die wirkende Macht auf, sie beschäftigen sich damit wie Helmut Qualtinger mit dem Sohn des Ministers Felix Hurdes, der durch seinen Vater freikommt („Der Papa wird´s schon richten“). Damit kündet nicht der Mann der Zeitung, sondern der Schöpfer kleiner Wortkunstwerke spontan und ehrlich von seinem Durchblick, nicht ohne Empörung und Verachtung oder nicht ohne Verachtung und Zynismus. Der Interessierte kann dieses Wissen also nicht dort suchen, wo man es in Frankreich oder in den USA findet, denn es wird in den seriösen Nischen großer Medien in Österreich nicht worthaft. Zum Beispiel wäre ein Skandal wie Watergate in Österreich nicht möglich gewesen. Der Journalismus hätte einen Einbruch in das Wahlkampfbüro einer Gegenpartei, der den momentanen Regierungschef in Frage stellt, entweder gar nicht öffentlich gemacht oder nicht lange genug in der Öffentlichkeit behandelt.

Diese Enthaltsamkeit – und diese Frömmigkeit gegenüber wirklicher Macht – bedeutet für den österreichischen Journalismus, dass er die Aufgabe der „vierten Macht“ letztlich nicht erfüllt. Er sucht stattdessen sein Renommee bei weniger deutlichen und entbehrlicheren Ansprüchen wie etwa der „Sorge um das Land“. Für das nun doch vorhandene Wissen bedeutet das, dass es in seiner Aussagekraft durch künstlerische Gestaltung abgeschwächt wird. Man findet es in den Karikaturen der großen Zeitungen, im Kabarett und bei den Darbietungen schwarzer Dialektlieder auf kleinen Bühnen. So gibt es vorbehaltlose, intellektuelle Kritik an den realen Zuständen im Land letztlich nur bei den Spaßmachern.

Gustav Peichl hat die absichtsvollen Besuche des polnischen Papstes festgehalten, die der kleine Mann weinumnebelt entgegen nimmt (Bild 1). Er hat auch den gedanklichen Pfusch der Sexaufklärung klar verdeutlicht (Bild 2). Manfred Deix hat sein Pandämonium österreichischer Typen durch den Pfarrer mit der Pfarrersköchin erweitert und dabei den Gasttier-Charakter jedweder Priesterschaft nicht verschwiegen (Bild 3).
     
Habemus Papam. Ironymus Der Medienkoffer, Ironymus Pfarrer und Köchin, Deix
BILDER ZUM VERGRÖßERN ANKLICKEN    
     
Schonwiederbetätigung, Zehetmayr  
Der Zeichner Zehentmayr hat durch die hakenkreuzförmige Ausscheidung des Lindwurms nicht nur den Landeshauptmann Haider (mit Pfeife) ironisiert, sondern darüber hinaus die Elite eines ganzen Landes, die den Tatzelwurm für sich vereinnahmt (Bild 4). Bruno Haberzettl setzte die nackte Körperlichkeit des Bischof Krenn in Beziehung zu dem, was dieser anderen verbot, und machte dadurch die Krenn´sche Nacktheit überhaupt sinnvoll (Bild 5)
Liebe kann Leben spenden, Haberzettl
   
Zehentmayr ließ Bischöfe mit Engelsflügeln aus Rom zurückkehren und präsentierte dabei den anspruchsvollen Krenn in den Augen der anderen Kleriker als Vorzugsschüler – das Ganze in einer konservativen Zeitung und in einem religionsdefinierten Land (Bild 6). Und die Europäische Union geriet bei Haberzettl zum Opfer einzelner Mitgliedsstaaten, deren Nationalität man von den Zylinderhüten ablesen kann (Bild 7)
  Zurück aus Rom, Zehetmayr
Europa und die Vampire, Haberzettl

Juni 2011, M. Luksan

zurück