DAS IST DIE HOMEPAGE VON MARTIN LUKSAN UND DES VEREINS FÜR RHETORIK UND BILD

 
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Warum Aufklärung subventionieren?

Kleine Würdigung des Kulturförderers Hubert Christian Ehalt

von Martin Luksan

Prof. EhaltZur besseren Erklärung seiner GSK-Förderungen (Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften), seiner Arts and Sciences-Förderungen und dergleichen mehr formulierte Dr. Ehalt einen Gedanken der alten Aufklärer, „dass man Begabung als Potenzial, das alle Menschen haben, und auf dessen Entwicklung alle Menschen ein Recht haben, auffassen muss.“ Dieser Gedanke ist ein wenig problematisch, wenn die Begabten nicht selber zum Licht streben, sondern das Licht in Form von Förderungen zu ihnen gebracht werden muss, aber er ist ein Leitbild. Er empfiehlt einen universellen Humanismus, der die Begabung egal welcher Art zu den leiblichen Bedürfnissen eines jeden Menschen hinzurechnet. Um das zu schützen, bedarf es einer Art von Philosophie und des Verzichts auf gnostisch-totalitäres Wissen.

Mit den gleichen Bedürfnissen sind bekanntlich die Gleichstellung der Menschen vor Gott, Natur oder wem auch immer sowie die Souveränität des Volkes verbunden, von dem aus alles Recht ausgeht. Der Kultur- und Wissenschaftsförderer Ehalt, der so viele Aktivitäten, Kooperationen, Editionen, Symposien, Förderungen und Events erfunden hat, inszenierte 2010 eine „Wiederaufnahme des Verfahrens Franz Hebenstreit“, der als „österreichischer Jakobiner“ 1795 sogleich gehenkt worden war, obwohl er wenig mehr angestellt hatte, als eine französische Vision zu verbreiten („Die Sprache war lauter, es gab keinen Kerker, keine Majestät / Keinen Befehl gab es und keine Demutshaltung / Keiner galt mehr, keine Unterscheidung auf Grund der Geburt“). Ehalt führte so die alte, österreichische Machtwirkung vor Augen, die effektiv zermalmt (respektive lückenlos ausgrenzt), weil sie die unliebsame Gruppe nicht nur bekämpft, sondern auch vertuscht. Andrea Dusl fügte in der „Presse“ das pointierte Wort hinzu: „Der Artikel 1 des BVG (Bundesverfassungsgesetz) ist in Österreich nicht verwirklicht. Denn Österreichs Recht wird hinter den Polstertüren berufsständischer Kammern und Eigentümerbüros verhandelt.“

Jene Stadtkultur, die Ehalt vorschwebt und in der Wissenschaft und Forschung im Zentrum stehen (also nicht Musik, Tanz und Theater!), findet als künstlerischen Ausdruck keine barocke oder romantische Form, weil bei der Organisation der „selbstreflexiven Kultur“ die Vernunft maßgeblich beteiligt beteiligt ist. „Die selbstkritische und selbstreflexive Haltung (…) ist die wichtigste Kulturleistung“ (Ehalt). Die Kunst, die einer solchen Kultur entspricht und die in ihr besonders gedeiht, ist die klassische. Diese von 1770 bis 1830 in Europa und Nordamerika prävalierende Kunst war nun in Österreich immer marginal.

Ein Defizit an Humanismus, Demokratie und klassischer Form beeinträchtigt unsere Kulturöffentlichkeit sehr stark.

Beim Nachdenken über die „Wiener Vorlesungen“ und das, was er seit vielen Jahren erfolgreich macht, stellte Ehalt bei seinem geliebten Wien, sogar bei der „roten“ Stadtverwaltung, der er angehört, ein allgemeines „Misstrauen gegenüber Bildung, Wissenschaft und Forschung“ fest. ZB. waren die verschiedenen Magistratsabteilungen der Stadt mit den Unis und Hochschulen kaum vernetzt, die Verwalter und die lehrenden und forschenden Akademiker schätzten einander kaum, sie kooperierten nicht. In der Folge wurde die Praxisferne der Hochschulen gleichsam aufgehoben und das Theorie- und Wissenschaftsdefizit der Verwaltung wurde tatsächlich verringert. Aber: Ehalt als Beamter auf seinem exponierten Schleudersitz behandelte nicht wirklich den Widerstand gegen die Anwendung von Wissenschaft und Forschung in den Lebenswelten, die ständig neuen Verzeichnisse von Irrlehren, das diskrete Beklagen der Säkularisierung, das Jammern darüber, dass die „christentümliche Gesellschaft“ in Österreich aufgelöst würde; er in seiner Funktion konnte über die katholisch geprägte Kulturöffentlichkeit im Lande nur vornehm schweigen.

Er als Wissenschaftsförderer in einer katholischen Stadt arbeitet für das Entstehen einer „Kultur des Wortes“ in einer „religionsdefinierten Gesellschaft“ (Eveline List). Er fördert Personen, die durch ihre Kreativität das Wirksamwerden von Wissen wenigstens versuchen. Sein Wissenschaftsbegriff ist weiter als der der Industrie. Josef Penninger von IMBA (Institut für molekulare Biotechnologie) verlangte unlängst eine ganze Forschungsmilliarde - fürs ganze Land und für die Weltgesundheit. Solche Töne kann Dr. Ehalt nicht anschlagen. Bei ihm geht es um Tausendste Teile einer Milliarde und er verwendet sie für die Schaffung der „selbstreflexiven Kultur“.
Und diese abstrakt und abweisend scheinende Kultur, die etwas sehr Lebendiges verfolgt und für die kreative und idealistische Hungerleider schon durchaus wirken, ist nichts anderes als ein Abkömmling der Aufklärung in einem katholisch geprägten Land. Eine solche Kultur ist die Vorhut der kulturellen Globalisierung der Welt. „Wien will die weltbürgerliche Seite der Globalisierung entwickeln helfen“ (Hubert Christian Ehalt).

© März 2011

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